Meine lieben Menschenmädlein und Menschenknäblein!
Es ist euch sicherlich bekannt, was für Schwierigkeiten es manchmal mit den Erwaschsenen gibt. Zum Beispiel beim Vorlegen des Schulzeugnisses, knapp vor der schönstein Jahreszeit, nämlich den Ferien. Das muss sich unsereins einfach mit den Erwachsenen durchstehen. Sie haben halt kein Verständnis. Sie begreifen nicht, dass eine Springschnur, ein Kullerball, ein Amselnest auf dem Ast oder die winzigen Barsche im Tümpel hinter den Mietschäusern unvergleichlich interessanter sind als die Einwohnerzahl in Kuwait oder andere erforderliche Schulangelegenheiten. Manchmal geraten wir auch in Streit. Ich kam auch kürzlich mit meinem Zeugnis nach Hause und schon gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen meinem Vati und mir. Ich vertrat die Ansicht, es wäre ein schönes Zeugnis. Das liess der Vati ja auch noch gelten. Das Zeuugnis war tatsächlich schön. Fein säuberlich gedruckt und von der Frau Lehrerin mit Schönschrift ausgefüllt; nur die Zensuren, sagte Vati, wären erbämlich... Aber soll mir jemand erklären, warum die Grossen ihre Zeugnisse so sorgfältig vor uns verbergen!
Aber lassen wir das! Wenn der Sommer vor der Tür ist, haben wir wohl noch eine Menge Zeit, um uns über das Lernen zu unterhalten. Alles ging so aus, wie ich es vorausgesehen hatte. Der Vati schimpfte eine Weile, aber dann hiess er die Koffer packen. Denn der Sommer stand tatsächlich schon vor der Tür. Und so machten wir die Tür auf und fielen gleich darauf der Mutter Natur in die offenen Arme. Die Natur ist freigiebig, sie bietet uns in grosser Wahl aufgescheuerte Knie und Wespenstiche, Sonnenstich und Schupfen, nur dass es eben niemanden freut, im Sommer krank zu sein. Da freuen uns ganz andere Dinge! Diesmal, versteht sich, war es nicht so ganz einfach... Bevor wir zur Omi kamen, bevor wir sämtliche Tükken des Reisens überwunden hatten, haben wir was erlebt! Ich werde euch aber nicht alles im Voraus verraten. Ich sage nur so viel, dass es, wie immer, reichlichen Wirbel gab.
Ein gisschen Wirbel gehört natürlich schon zu den Ferien. Nehmen wir das Reisen. Man soll am Bahnsteig sechs, auf dem vierten Gleis einsteigen, hat sieben Koffer mit, der Zug fährt um fünfzehn zweiunddreissig ab und man soll noch fix am Bahnhofkiosk sechs Knackwürste, zwei Zeitungen und acht Hörnchen kaufen; wer würde all diese Zahlen nicht durcheinander bringen! Und so geschah es auch einmal, dass wir nur vier Knackwürste kauften, dafür aber achtundzwanzig Hörnchen, dass wir nur drei Koffer mitnahmen und um achtzehn Uhr zwanzig auf dem sechzehnten Gleis am Bahnsteig fünf einstiegen; unseren Hund Žeryk haben wir dabei rein ganz vergessen. So kam es, dass wir ohne Žeryk und ohne zwei Koffer anstatt in den Bergen am Meer landeten. Bergstiefel an den Füssen, Mützen mit Ohrenklappen auf dem Kopf und einen Ranzen voller Hörnchen auf dem Rücken, stapften wir dann mitten durch braungebrannte Nackedeie und der Vati schwor, er würde nie mehr in seinem Leben mit mir in Urlaub fahren. Als wäre es nur meine Schuld gewesen, dass er die iffern auf seinem Zettel durcheinander gebracht hat. Zum Glück hielt er aber nicht - wie gewöhnlich - sein Wort, denn...
Aber darüber will ich nicht mehr erzählen, das werdet ihr erfahren, bis ihr diese Schallplatte auflegt. Das waren wieder einmal Ferien! Wir haben so viel erlebt, dass wir er gar nicht auf eine grosse Schallplatte brachten und so spielten wir anhand meiner Geheimnotizen noch eine zweite ein, die den Namen Spejbls Urlaub mit Hurvínek trägt; auf der gibt es genau so viel zu hören, als auf dieser hier, die ihr jetzt gerade hören werdet. Ich bin neugierig, was ihr dazu sagen werdet: wer von uns beiden der grössere Taps ist. Ich getreue mich nicht, es selber auszusprechen. Ein Vati ist eben doch ein Vati. Aber...
Ich wünsche euch viel Spass in den Ferien und recht fröhliche Tage im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter.
Euer Hurvínek
(Pavel Grym)